am Beispiel des Handgreif-Reflexes erklärt
Sie kennen sicher den Handgreifreflex (Palmar-Reflex).
Er ist so nett zu beobachten: Wir berühren die Hand eines Säuglings und die Hand schließt sich fest um unseren Finger.
Dieses Handgreif-Training beginnt schon während der Schwangerschaft. Unsere Natur weiß, dass die Hand ein überlebenswichtiges Werkzeug für uns Menschen ist und spendiert dafür schon in der Schwangerschaft eine reflektorische Handlung: Das Schließen durch Berührung der Handfläche, z.B. wenn die Hand unwillkürlich andere Körperstellen berührt.
Die Muskulatur wird durch das Training ausgebildet, die Gelenke werden geschmeidig und entsprechende Nervenverbindungen im Gehirn angelegt.
Wenn das Kind auf die Welt kommt, ist es schon mit einer primitiv funktionsfähigen Hand ausgestattet, die (möglicherweise in der Urzeit) dazu diente, sich bei der Mutter festzuhalten, damit es bei einer Flucht nicht verlorengeht. Großartige Sache!
am Beispiel des Handgreif-Reflexes
Der Reflex schließt die Hand. Aber wenn wir etwas bewusst loslassen oder etwas betasten möchten, müssen wir diesen Reflex überwinden.
Hierbei helfen die Impulse von Interesse und Neugier, die uns biologisch innewohnen. Das Gehirn belohnt das Kind mit Glückshormonen, wenn es greifen und loslassen übt und Erfolge auf diesem Weg erzielt.
Durch wiederholtes Handeln vernetzen sich nach und nach die Nervenbahnen. Die bewusste Steuerung der Hand (und der Augen) wird zunehmend möglich.
Anfangs kann man beobachten, dass dem Kind Dinge aus der Hand fallen, wenn es den Fokus nicht mehr darauf richtet. Durch viele Wiederholungen des Greifens („Nochmal!“) bildet sich zunehmend die motorische Handlung im Gehirn ab. Sobald die neugebildeten Netzwerke im Gehirn eine bessere, also effizientere und spezifischere Möglichkeit für den Menschen darstellen, als es der Reflex tun würde, wird die Hemmung des Reflexes ausgelöst.
Hemmung: Eine Weiterleitung eines Impulses von einer Nervenzelle im Gehirn zur anderen wird aktiv durch Botenstoffe verhindert. Die Weiterleitung wird „unterbrochen“, der Reflex wird somit nicht mehr ausgeführt, damit die neuerworbenen Handlungen möglich werden.
Genauer hier auf: www.dasgehirn.info
Es gibt eine Vielzahl von Reflexen im Körper, jeder erfüllt einen bestimmten Zweck.
Reflexreaktionen werden unbewusst, schnell und immer gleichförmig ausgeführt. Dies kann eine vereinzelte Reaktion sein oder in komplexen Reflexbögen angelegt sein.
Als Grundlage dafür benötigt der Körper funktionierende Wahrnehmungsorgane, damit der Auslöser des Reflexes auch wahrgenommen wird.
Im nächsten Schritt muss eine adäquate Reiz-Verarbeitung stattfinden, damit dann eine Abstimmung von Nervensystem, Muskeln und (Sinnes-)Organen die spezifische Reaktion ausführen kann.
Wir erleben an uns selbst täglich eine Vielzahl an Schutzreflexen, den sogenannten „Fremdreflexen“, wie den Lidschlussreflex oder „Eigenreflexe“, wie dem bekannten Kniesehnenreflex. Auch dieser Reflex ist zu unserem Schutz da: Er hilft z.B. Stürze zu vermeiden.
Auch die Hände sind sehr wichtig in ihren Funktionen für Überleben und Schutz.
Angeborene Reflexe sollen also unser Überleben dauerhaft sichern, und es ist für den Körper sinnvoll, diese lebenslang zu behalten.
Nein, sind sie nicht.
Oft gibt es Aussagen, dass frühkindliche Refexe "überwunden oder integriert" werden müssen. Dabei entsteht leicht das Bild, dass diese Reflexe hinderlich oder nicht gut sind.
Aber in der frühen Entwicklung des Menschen sind sie eine äußerst intelligente Möglichkeit der Natur, um uns zu dem zu machen, was wir mit "Mensch-sein" verbinden.
Die verschiedenen Reflexe unterstützen uns im Babyalter bei lebenswichtigen Funktionen, wie:
Nahrungsaufnahme, Atmen, Auge-Hand-Koordination, Greifen, Krabbeln, Laufen ...
Reflexreaktionen sind jedoch primitiv:
Der Handgreifreflex schließt einfach alle Finger der Hand.
Damit mit der Hand komplexere Bewegungen möglich werden, wie z.B. Pinzettengriff oder Schreiben, müssen diese Reflexe zunächst genutzt und dann vom Gehirn aktiv gehemmt werden.
Eigentlich sollen frühkindlichen Reflexen, im Laufe des 1. Lebensjahres (max. 3. Lj.) überwunden sein. Wenn diese darüberhinauf fortbestehen, spricht man von persistierenden (=fortbestehenden) Reflexen/Restreaktionen.
Der Reflex tritt normalerweise nicht mehr in seiner ganzen Ausprägung auf, sondern ist nur noch anteilig zu beobachten.
In der regelgerechten Abfolge lernt das Nervensystem nach und nach die grundlegende Steuerung des Körpers/Geistes und hemmt aktiv den Reflex, weil er in seiner primitiven Art, komplexere Handlungen stören würde.
Jeder Reflex hat seine ganz spezifischen Auswirkungen!
Wenn ein Reflex nicht vollständig gehemmt wird, ist es bildlich gesprochen, als würde jemand bei der Ausführung der Handlung ständig besserwisserisch „dazwischen-quasseln“ und uns innere Befehle zu Bewegungen erteilen. Und das mit Nachdruck!
Ein Handgreifreflex befielt im Hintergrund das Schließen der Finger, während andere Neuronen eine Schreibhaltung von der Hand bewirken möchten.
Dieser innere Widerstreit wirkt sich auf Bewegungen der Finger aus und erzeugt z.B. Zuckungen oder Krümmungen der Finger.
All dies benötigt Energie und "Arbeitsspeicher" und behindert den Erwerb neuer Fähigkeiten.
Das Ergebnis im Beispiel könnte sein, dass das betroffene Kind nicht gerne malt. Wenn es mit einem Stift arbeitet, empfindet es die normale Stifthaltung oft als unbequem.
Es zeigen sich häufig Auswirkungen auf Stifthaltung, Führung und Stiftdruck.
Natürlich betrifft diese "Ungeschicklichkeit", wie sie dann oft genannt wird, alle manuellen Bereiche.
Der benötigte erhöhte Aufwand und Energieeinsatz zeigt sich häufig in Konzentrationsmangel, Lustlosigkeit, geringem Selbstvertrauen. Die Kinder müssen mehr üben als Andere um ähnliche Leistungen zu erzielen.
am Beispiel des Handgreifreflexes
Stellen Sie sich vor, ein Kind möchte malen: Sobald der Stift seine Hand berührt, befielt der Reflex, fest zuzupacken. Da das Kind schon gelernt hat, dass es Stifte im Pinzettengriff halten soll, wird es dies versuchen.
Sofort entsteht im Unterbewusstsein ein Disput: Verschiedene Gehirnbereiche fordern unterschiedliche motorische Bewegungen ein.
In meiner langjährigen Arbeit mit Kindern konnte ich dieses Hin-und-her des Gehirns zwar noch nie wirklich sehen, aber was man sehr häufig sieht, ist, dass es Kinder gibt, die den Stift mit aller Kraft bezwingen: Der Stift wird mit der Faust umschlossen, unbequeme Fingerhaltungen werden eingenommen, der Stift durchdrückt das Papier…
Alles gute Versuche, dem Reflex zu widerstehen oder den Stress, der durch den inneren Kampf entsteht, zu reduzieren, indem das Kind den Reflex ausführt.
Egal, ob sich das Kind nun unbewusst für oder gegen den Reflex entscheidet:
Es fühlt sich nicht wohl damit!
Diese sehr machtvolle innere Kommunikation findet nicht auf sprachlicher Ebene und vollkommen unbewusst statt.
Die Chancen stehen hoch, dass jeder Körper diese Befehle naturgemäß ausführt.
Bei persistierenden Restreflexen, wird, je nach Reifungsgrad, der Reflex nicht mehr in Gänze ausgeführt, man widersteht Ihm vielleicht sogar, weil man Strategien entwickelt hat, die die Ausführung im Keim ersticken oder sofort abfangen.
Beim persistierenden Handgreifreflex entstehen Probleme bei:
- Handgeschicklichkeit
- Schreiben, malen
- Stifthaltung (verkrampfte Hand, starker Druck aufs Papier, Kampf mit dem Stift)
Durch den Zusammenhang zwischen Hand und Mund (Babkin-Reaktion):
- Sprachprobleme (Mundmotorik!)
- Mitbewegung von Mund oder Zunge beim Arbeiten „mit der Zunge mitschreiben“
- Berührungsempfindlichkeit der Hände
(Oder: „Mein Mann ist auch nicht gekrabbelt und trotzdem erfolgreich!“)
Um trotz des eigenen Unvermögens mit anderen mithalten zu können/Herausforderungen zu bewältigen und den Stress zu verringern, werden oft Kompensationsstrategien, Glaubenssätze und Vermeidungsstrategien entwickelt.
Damit wird man den Anforderungen einigermaßen gerecht und kann sich zeitweise mehr oder weniger gut anpassen.
Je weniger Defizite ausgeglichen werden müssen, desto besser ist es und desto besser kann ich ein Defizit ausgleichen.
Aber:
Strategien brauchen viel Energie, Leistungsbereitschaft,
Aufmerksamkeit und bewusste Steuerung.
Die Vielfalt der Strategien führen oft zu Überforderung.
Unter Stress funktionieren gewollte Lösungen nicht gut und das Selbstbild/Selbstbewusstsein leidet darunter. Dazu kommt, dass es durch die Umwege mehr Zeit braucht, bis das gewünschte Ergebnis erzielt ist.
Die Klassiker der Strategien:
Kompensationsstrategien:
Ein Defizit wird durch etwas ausgeglichen, das Problem wird aber nicht ursächlich gelöst. Es können zwar sehr gute Ergebnisse erzielt werden, aber mit erhöhtem Aufwand.
Glaubenssätze über sich bilden:
Überzeugungen, wie man selbst und die Welt ist, werden meist unbewusst entwickelt. Sie entstehen durch unser Erleben und Interpretieren unserer „Wirklichkeit“. Sie dienen der inneren Ordnung und Strukturierung.
Negative Glaubensätze wirken sich enorm negativ auf unsere Handlungen und unser Denken aus, weil wir so oft erfahren haben, dass sich, z.B. Höhe sehr unsicher anfühlt, wird es zur Überzeugung, dass man eben so sei.
Damit wird wiederum die Veränderung der Ursache umgangen und der Glaubenssatz zementiert.
Vermeidungsstrategien:
Da eine Konfrontation mit dem Thema schmerzhaft ist, wenn wir eine erforderliche Handlung nicht ausführen können, liegt es nahe, dieses in Zukunft zu umschiffen. Das macht Sinn.
Damit vermeiden wir aber auch ein Training und haben wenig Chancen, uns beim eigentlichen Thema zu verbessern. Weil wir keine Verbesserungen sehen, haken wir das Thema für uns ab. Dazu wird gerne ein passender Glaubenssatz entwickelt, der „Das ist eben nicht mein Ding!“ heißen könnte.
Damit ist die Ursache des Problems nicht behoben worden, und es wird auch unwahrscheinlich, dass sich daran jemals etwas ändert.
Was man bei allen Strategien oft nicht mehr leisten kann, ist, mehreres gleichzeitig zu tun (z.B. Autofahren und eine verbale Info wie "links/rechts" zu verarbeiten) anstatt die eigentliche Anforderung leicht und spielerisch zu bewältigen.
Zunächst helfen uns die Strategien schneller zu sein und etwas trotz der mangelhaften Grundlagen zu funktionien.
Die eigentliche Vermeidung die Grundlagen endlich zu stärken und die Reflexe zu integrieren gehen auf Kosten von Schnelligkeit, Energieverbrauch, Genauigkeit, Mühelosigkeit!
Reflexe „nörgeln“ ohne Unterlass unbewusst an den Körper hin - das nervt!
Darüber hinaus belegt es Ihren „Arbeitsspeicher“!
Sie wissen vermutlich, was bei Ihrem PC passiert, wenn der Arbeitsspeicher mit Hintergrundprogrammen belegt ist? Der PC arbeitet auf Hochtouren, aber für das, was Sie tun möchten, ist keine Ressource frei.
Sie können ein Handlung vielleicht nur mit großer Mühe und viel langsamer und evtl. fehlerhafter ausführen. Der Stress steigt!
Was passiert in der Geschichte am Maltisch?
Das Kind ist genervt. Von was genau, weiß es nicht.
Das malen fühlt sich unangenehm an, das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend. Alles ist mit großer Anstrengung verbunden. Ein falscher Blick eines Anderen und die Stimmung kippt.
Wirklich verstehen kann das keiner. Der Wutausbruch ist doch wirklich fehl am Platze!
Das ist das Problem:
Frühkindliche Reflexe sind machtvoll, aber völlig unbewusst.
Wenn wir den Reflexen zu widerstehen versuchen, fühlen wir deutlich:
Ich fühle mich nicht wohl!
Wenn wir sie wirken lassen, fühlen wir:
" So benimmt man sich in diesem Alter doch nicht!"
Wie Sie sich auch entscheiden:
Sie können mit einem bestehenden Reflex etwas nicht so gut und Sie mögen es vermutlich auch nicht.
Um die Unreife des Nervensystems festzustellen, setzen KinderärztInnen die Überprüfung der frühkindlichen und posturalen Reflexe (Reaktionen) ein. Babys werden schon bald nach der Geburt erstmalig getestet und weitere Test sind Standard bei den U-Untersuchungen.
Bestimmte Reflexe sollen zu einer vorgeschriebenen Zeit gut entwickelt und auslösbar und zu bestimmten Zeiten nicht mehr auslösbar, also gehemmt sein. Damit gewinnt eine ÄrztIn gute Aussagen über den Zustand des Kindes und nutzt den Reflex als zuverlässigen Indikator für die Ausreifung des Nervensystems.
Je kleiner ein Kind desto ganzheitlicher ist das Kind. Es ist noch ganz im Aufbau seines Körpers und seiner Funktionen. Die geistigen Anteile werden im Laufe seines Lebens zunehmend reifen und brauchen dafür gute physische Grundlagen, wie gut funktionierende Sinnesfunktionen – es muss also altersgemäß neuromotorisch gereift sein.
INPP® konnte belegen, dass die Überprüfung frühkindlicher und posturaler Reflexe und Restreaktionen ein probates Mittel ist, um eine Neuromotorische Unreife (NMU) auch über die Babyzeit hinaus(!) feststellen zu können.
Dazu wurden standardisierte Tests entwickelt.
Meiner Erfahrung nach scheint es überwiegend so zu sein, dass sich Anteile der NMU im Laufe des Lebens sehr häufig nicht auswachsen. Wenn man bedenkt, wie viele Kompensations- und Vermeidungsstrategien sich NMU-Betroffene angeeignet haben, die die Ursachen nicht lösen, sondern verdecken und festigen, dann ist das auch nicht verwunderlich …
Durch das Training mit den INPP®-Übungen stärken Sie Ihre Basisfunktionen wie Gleichgewicht, Tonus und Körpereigenwahrnehmung und sprechen die frühkindlichen Reflexe an, damit entsprechende Hemmungen im Körper stattfinden können.
Dies trägt zu mehr Sicherheit und Ordnung im Körper bei.
Vermutlich verstehen Sie sich dadurch sogar besser, das Selbstvertrauen blüht auf.
Wohin Sie das genau führt, können nur Sie für sich selbst herausfinden. Das Entwicklungstraining bietet aber sehr viele Chancen -
Talente können sich entfalten, der Stresspegel sinkt.
Ich bin gerne für Sie da!